Besteht der Verdacht einer Straftat ist Schweigen gegenüber der Polizei immer goldrichtig. Doch manchmal lassen sich Autofahrer, anstatt von ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen, gegenüber der Polizei zu einer Erklärung hinreißen, durch die sie als Fahrer des Autos zur fraglichen Tatzeit überführt werden können. Gerade in Fällen von Kennzeichenanzeigen, wo zunächst nur der Fahrzeughalter befragt werden kann, versuchen Polizeibeamte oft Druck auf den Befragten auszuüben oder ihn einzuschüchtern.
Dabei ist die Polizei sogar verpflichtet, einen möglichen Verdächtigen zunächst darüber zu belehren, dass es ihm freisteht, keine Angaben zu machen. Das Gesetz verlangt eine Belehrung immer schon dann, wenn der Fahrzeughalter als möglicher Täter in Betracht kommt.
Unterlässt der Beamte die Belehrung, besteht zugunsten des Befragten ein Beweisverwertungsverbot. D.h., die Angaben, die er gegenüber der Polizei gemacht hat, dürfen im Strafverfahren nicht gegen ihn herangezogen werden. Allerding besteht das Beweisverwertungsverbot im Verfahren nicht automatisch, sondern es muss mit einem Widerspruch geltend gemacht werden.
Die obergerichtliche Rechtsprechung betont die Bedeutung der Belehrungspflicht immer wieder. So haben vor kurzem das Landgericht Saarbrücken (LG Saarbrücken, Beschluss vom 27.05.2013, 6 Qs 61/13) und das Oberlandesgericht Nürnberg eine frühzeitige Belehrung des Fahrzeughalters verlangt, wenn ausreichende Gründe dafür erkennbar sind, dass dieser als Beschuldiger in Betracht kommt. Sobald sich ein gewisser Tatverdacht auf den Fahrzeughalter verdichtet, hat ihn die Polizei wie einen Beschuldigten zu betrachten und daher gemäß Paragraph 136 Absatz 1 Sätze 1, 2 der Strafprozessordnung (StPO) vor der Vernehmung darüber zu belehren, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen und darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.
Wird diese Belehrungspflicht nachweislich verletzt, ergibt sich ein Beweisverwertungsverbot. Der Beschuldigte bzw. dessen Verteidiger muss aber der Verwertung dieser Aussage widersprechen – spätestens in der gerichtlichen Hauptverhandlung.
Das OLG Nürnberg hob die Verurteilung eines Autofahrers wieder auf, der vom Amtsrichter wegen Unfallflucht zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen sowie zwei Monaten Fahrverbot verurteilt worden war.
Das Amtsgericht hatte sich zur Feststellung der Fahrereigenschaft des Angeklagten, der sich in der Gerichtsverhandlung nicht eingelassen hatte, auf die Aussage des Polizeibeamten bezogen, der ihn nach dem Unfallereignis zu Hause aufgesucht hatte. Damals hatte dieser Beamte dem Angeklagten geschildert, worum es gehe, nämlich um einen angeblichen Unfall seines Fahrzeugs, und ihn gefragt, wer soeben mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Der Angeklagte hatte daraufhin seine Fahrereigenschaft eingeräumt.
Die Verwertung dieser Aussage des Polizisten zur Verurteilung des Angeklagten war nach Ansicht des Oberlandesgerichts jedoch unzulässig. Es hätte der polizeilichen Befragung eine Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 StPO vorausgehen müssen. Da der Verteidiger der Verwertung der Zeugenaussage in der Hauptverhandlung auch widersprochen hat, hätte das Amtsgericht die Angaben nicht verwerten dürfen.
An dem Beweisverwertungsverbot ändere sich auch nichts dadurch, dass der Polizeibeamte den Angeklagten nicht gefragt habe, ob er sondern wer soeben mit dem Fahrzeug gefahren sei. Denn die Belehrung sei immer schon dann erforderlich, wenn der Fahrzeughalter als möglicher Täter – hier wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort – in Betracht komme.
Daher war die Revision des Angeklagten gegen das Urteil wegen dieses Rechtsfehlers erfolgreich. Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben (OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.07.2013, 2 OLG Ss 113/13).
Christian Demuth, Düsseldorf, als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht vor allem im Bereich Verkehrsrecht tätig, rät: „Der Widerspruch gegen die Beweisverwertung sollte frühzeitig, möglichst schon im Ermittlungsverfahren erhoben werden. So kann ggf. erreicht werden, dass Zwangsmaßnahmen gegen den Beschuldigten, wie z.B. die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO, erst gar nicht angeordnet oder angeordnete Maßnahmen wieder aufgehoben werden.“
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