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Bußgelder und Punkte in Flensburg vermeiden

Einen falschen Bußgeldbescheid braucht niemand zu einfach hinzunehmen. Wer einen Bußgeldbescheid erhält, kann dagegen Einspruch einlegen und die Richtigkeit des Vorwurfs sowie die Einhaltung der Formalien des Bußgeldverfahrens von der Verwaltungsbehörde und vor Gericht überprüfen lassen. Zwei Wochen haben Betroffene nach Zustellung des Bußgelbescheids Zeit, schriftlich Einspruch einzulegen. Wer diese Frist nachweislich unverschuldet versäumt hat, z.B. weil er gerade im Urlaub war, kann bei der Bußgeldstelle einen Wiedereinsetzungsantrag stellen.

Vor allem bei einem Fahrverbot führt kein Weg daran vorbei, Einspruch einzulegen. Denn selbst, wenn man die Ordnungswidrigkeit zugibt, nehmen Bußgeldstellen wegen ihres geringen Ermessensspielraums einen Bußgeldbescheid nur ganz selten zurück. Vor Gericht hat man hingegen eine zweite Chance, denn Bußgeldrichter haben einen deutlich größeren Ermessensspielraum. Kann man etwa nachweisen, dass man ein Verkehrsschild unverschuldet übersehen hat oder durch ein Fahrverbot in seiner beruflichen Existenz gefährdet ist, besteht vor Gericht die Chance auf eine günstigere Entscheidung. In manchen Fällen hilft ein Gang zum Richter auch, wertvolle Zeit gegen das drohendes Fahrverbot zu gewinnen, z.B. wenn ein Autofahrer seinen Führerschein während der nächsten vier Monate dringend benötigt, in sieben Monaten jedoch von einem Fahrverbot weniger hart getroffen würde.

Der bloße Einspruch gegen den Bußgeldbescheid reicht selten aus

Anders als in Strafverfahren, wo der Tatnachweis von der Anklage zu erbringen ist, gibt es in verkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren de facto eine Beweislastumkehr. Das liegt an der Fiktion des sogenannten „standardisierten Messverfahrens“. So wird nach einer Definition des Bundesgerichtshofs (BGH) ein Messverfahren bezeichnet, wenn die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Die Folge: Die Gerichte gehen ohne Weiteres davon aus, dass der Vorwurf der Bußgeldstelle gegen den Autofahrer richtig ist, wenn die Messung nachweislich mittels eines zugelassenen und zur Tatzeit geeichten Messgeräts, von geschultem Messpersonal unter Beachtung der Bedienungsvorschriften und unter Abzug der für das Messgerät vorgeschriebenen Messtoleranz durchgeführt worden ist.

Bevor ein Richter entlastenden Beweisen nachgehen muss, muss der Betroffene durch Nennung konkreter Anhaltspunkte erst einmal plausibel machen, dass es beim Messvorgang zu einem Fehler gekommen sein könnte.

Umfassende Akteneinsicht ist in Verkehrssachen unentbehrlich

Vor diesem Hintergrund kommt dem Akteneinsichtsrecht für den Betroffenen eine eminent wichtige Bedeutung zu. Denn erst durch eine umfassende Akteneinsicht in alle für die Messung relevanten Unterlagen wird der Betroffene im Bußgeldverfahren überhaupt in die Lage versetzt, konkret einen Messfehler behaupten zu können. Andernfalls liefe sein Beweisantrag Gefahr, als bloße „Behauptung ins Blaue“ abgelehnt zu werden.

Das umfassende Akteneinsichtsrecht wird in der Regel aber nur Rechtsanwälten gewährt. Dabei geht es nicht nur um solche Unterlagen, die ohnehin regelmäßig bzw. auf Nachfrage von der zuständigen Bußgeldbehörde zum Aktenbestandteil gemacht werden, sondern vor allem auch um die Bedienungsanleitung des Messgerätes und dessen „Lebensakte“.

Im Verkehrsrecht kann das Gutachten eines Sachverständigen helfen

Um konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler aufzudecken, ist häufig die Bewertung der Beweismittel durch ein Sachverständigengutachten notwendig, denn nur selten liegen die Fehlerquellen bei der z.T. sehr komplexen Messtechnik klar auf der Hand. Konkrete Mängel der von der Behörde auf Antrag vorzulegenden Beweismittel (dazu zählen sämtliche die Messung dokumentierenden Unterlagen) kann dann nur ein Gutachter für Verkehrsmesstechnik plausibel zu Tage fördern. Auch ist manchmal nur durch das Gutachten eines Anthropologen beweisbar, dass auf dem Fahrerfoto gar nicht den Betroffenen abgebildet sein kann. Das Gutachten ist für den Betroffenen jedoch mit einem nicht unerheblichen Kostenrisiko verbunden. Rechtsschutzversicherte sind hier klar im Vorteil.

Checkliste: Wie sollte man sich als Betroffener am besten verhalten, um seine Chancen im Kampf gegen die drohenden Punkte in Flensburg zu wahren:

► Werden Sie von Polizeibeamten an Ort und Stelle angehalten, Schweigen Sie! Lassen Sie nicht zu, dass die Beamten die kleinste Äußerung aus Ihnen herauskitzeln. Händigen Sie lediglich Ihre Papiere aus.

► Widersprechen Sie aber sofort, wenn der Polizeibeamte etwas in die Anzeige aufnehmen will, was Sie nicht gesagt haben.

► Dokumentieren Sie nach Möglichkeit den Tatort, das Messgerät/die Ampel, den Standort der Polizei, die Beschilderung, die Sichtverhältnisse und alles, was Ihnen sonst noch wichtig scheint, per Foto.

► Beantworten Sie einen Anhörungsbogen der Bußgeldstelle nicht! Mangels förmlicher Zustellung des Anhörungsbogens kann Ihnen nicht nachgewiesen werden, dass Sie diesen überhaupt erhalten haben. Das kann in seltenen Fällen, dazu führen, dass die Weiterbearbeitung des Bußgeldverfahrens innerhalb der kurzen dreimonatigen Verjährungsfrist von der Bußgeldstelle einfach „vergessen“ wird.

► Ausnahme: Firmenwagen bei größeren Betrieben. Ist eine Firma Halterin des Fahrzeugs wird erwartet, dass zumindest angeben wird, an welchen Mitarbeiter das Fahrzeug zur Tatzeit überlassen war. Sonst droht eine Fahrtenbuchauflage, schlimmstenfalls für sämtliche Firmenfahrzeuge.

► Antworten Sie auch nicht auf Erinnerungsschreiben zur Benennung des Fahrers.

► Öffnen Sie Mitarbeitern der Ordnungsbehörde oder Polizeibeamten, die manchmal von der Bußgeldbehörde mit dem Auftrag zum Halterwohnsitz geschickt werden, um den Fahrer anhand eines Fotovergleichs zu identifizieren, nicht die Tür. Benachrichtigen Sie ggf. Familie und Nachbarn, dass diese bei entsprechenden Fragen nicht zur Mitwirkung verpflichtet sind.

► Wurde ein Bußgelbescheid gegen Sie erlassen, legen Sie – am besten sofort und schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde – Einspruch ein. Der Einspruch muss binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bußgeldbescheids (Datum auf dem gelben Umschlag) bei der Bußgeldbehörde eingehen. Von der Einlegung per E-Mail oder Telefon ist abzuraten. Eine Einlegung per Telefax ist möglich. Geben Sie im Einspruchsschreiben nicht von sich aus das Zustellungsdatum des Bescheids an.

► Der Bußgeldbescheid muss formal mindestens folgende Angaben enthalten: Kurze Schilderung des Sachverhaltes, das Tatdatum, den Tatort, den Täter, die Rechtsfolge (Geldbuße oder Geldbuße mit Fahrverbot; aber nicht nur Fahrverbot).

► Beispiel für eine Formulierung des Einspruchs: „Hiermit lege ich gegen den Bußgelbescheid vom (Erlassdatum) Einspruch ein. Gleichzeitig erhebe ich Widerspruch gegen eine Entscheidung des Gerichts im Beschlusswege nach § 72 OWiG. Begründung des Einspruchs…“

► Holen Sie sich eine Punkteauskunft aus dem Fahreignungsregister (FAER). Ein Onlineantrag ist direkt beim Kraftfahrtbundesamt unter www.kba-online.de möglich.

► Aus den oben genannten Gründen ist, insbesondere zur Wahrung der Chancen im gerichtlichen Verfahren, die möglichst frühzeitige Einschaltung eines kundigen Rechtsanwalts im Bußgeldverfahren zu empfehlen. Betroffene, die nicht über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügen, sollten insoweit eine Kosten-/Nutzenabwägung treffen. Bei Rechtsschutzversicherten besteht ein Recht auf freie Anwaltswahl.

► Prüfen Sie, ob Sie auf den Messfotos tatsächlich erkennbar sind.

► Lassen Sie sich auf keine Gerichtsverhandlung ein, zu der nicht die Zeugen, die die Messung durchgeführt haben, geladen sind. Beantragen Sie ggf. ausdrücklich deren Vernehmung.

► Bei der Überprüfung einer Geschwindigkeits- oder Abstandsmessung lassen Sie sich unbedingt den Eichschein vorlegen.

► Fragen Sie nach möglichen Reparaturen nach der letzten Eichung, denn diese führen i.d.R. zum Erlöschen der Eichgültigkeit.

► Verlangen Sie das Mess- und Einsatzprotokoll, aus dem sich die erforderlichen Grundeinstellung des Messgerätes und die Durchführung der erforderlichen Funktionstests ergeben müssen.

► Die vom Messgerätehersteller vorgeschriebene Gerätehandhabung muss vom Messpersonal peinlich genau befolgt worden sein. Sie können die Einhaltung dieser Vorgaben abgleichen, indem Sie sich durch Recherche im Internet Informationen über die Handhabung des konkret eingesetzten Messgerätes verschaffen. Sofern die Angaben vom Messprotokoll abweichen, beantragen Sie die Beiziehung der Hersteller-Gebrauchsanweisung.

► Fragen Sie nach der Schulung und der Erfahrung des Messbeamten im Umgang mit dem konkreten Messgerät. Woraus ergibt sich die Qualifikation und Berechtigung der beschulenden Stelle zur Durchführung von Schulungsmaßnahmen an dem Messgerät?

► Fragen Sie, ob vor der Messung die Beschilderung kontrolliert wurde.

► Fragen Sie, aus welchem Grund genau an dieser Messstelle gemessen wurde.

► Fragen Sie bei Brückenmessverfahren oder Videoabstandsmessungen, wie die Berechnung der Geschwindigkeit genau erfolgt ist.

► Prüfen Sie auf dem Messfoto, ob andere Fahrzeuge in gleicher Fahrtrichtung oder größere Metall- oder Betonflächen oder Gegenstände darauf erkennbar sind. Diese könnten die Messung beeinflusst haben.

► Lassen Sie sich vor dem Amtsgericht von einem Bußgeldrichter oder einer Bußgeld-richterin niemals einschüchtern. Es ist ihr gutes Recht die Fragen zu stellen, denn Sie haben einen verfassungsmäßigen Anspruch darauf, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden. Formulieren Sie stets konkrete Frage an Zeugen. Bestehen Sie auf die Ausübung Ihres Fragerechts. Lassen Sie sich von keinem Richter drängen. Bestehen Sie ggf. auf die Protokollierung unsachgemäßer richterlicher Äußerungen und abgelehnter Beweisanträge.