Fahrverbote, ihre Folgen und wie sie sich eventuell mit Hilfe eines Rechtsanwalts verhindern lassen

Grundsätzlich darf die Fahrerlaubnisbehörde von der Nichteignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, wenn diese ein angefordertes Gutachten nicht vorlegt. Dem steht, wie das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz klargestellt hat, auch nicht automatisch entgegen, wenn zuvor ein Strafgericht das Thema Fahreignung erörtert hat. Denn die Behörde ist nur an eine strafrichterliche Eignungsbeurteilung gebunden, wenn diese auf ausdrücklich in den schriftlichen Urteilgründen getroffenen Feststellungen beruht und die Fahrerlaubnisbehörde zudem von demselben und nicht von einem umfassenderen Sachverhalt auszugehen hat (VG Koblenz, Beschluss vom 24.08.2022, Az.: 4 L 746/22.KO).

Die Messlatte für ein Absehen von einem Regelfahrverbot liegt hoch. Diese Erfahrung musste ein in der Notaufnahme eines Krankenhauses tätiger Arzt machen. Seine Tätigkeit mit Rufbereitschaft und dem Erfordernis, das eigene Kraftfahrzeug nutzen zu können, genügte dem Bayerischen Obersten Landesgericht in München (BayObLG) noch nicht, um von einem bußgeldrechtlich eigentlich zu verhängenden Regelfahrverbot abzusehen. Vielmehr hinterfragte das Gericht, warum sich das Amtsgericht nicht damit beschäftigt hatte, den Betroffenen darauf zu verweisen, sich für die Fahrverbotszeit in Arbeitsplatznähe ein Zimmer zu nehmen (BayObLG, Beschluss vom 19.01.2021, Az.: 202 ObOWi 1728/20).

Im Hinblick auf die Entziehung einer Fahrerlaubnis kann auch eine alte Trunkenheitsfahrt berücksichtigt werden, die kurz vor der Tilgungsreife steht. Alles andere würde, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg klargestellt hat, auf eine vom Gesetzgeber nicht anerkannte Bewährung im Sinne der Verkehrssicherheit hinauslaufen. Diese Erfahrung musste ein Mann machen, der vor knapp zehn Jahren im Straßenverkehr ein Fahrrad mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 2,98 Promille geführt hatte. Von der entsprechenden Ahndung per Strafbefehl hatte die Fahrerlaubnisbehörde im März 2018 anlässlich eines Umschreibungsantrags des Mannes erfahren. Das daraufhin angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten hatte der Mann nicht rechtzeitig vorgelegt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 07.05.2019, Az.: 12 ME 71/19).

Fahrerlaubnisbehörden dürfen aus Sicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH) kein Fahrverbot für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge aussprechen, seien es Fahrräder, E-Scooter oder andere Fahrzeuge, die ohne Fahrerlaubnis benutzt werden dürfen. Das Gericht hob ein entsprechendes gegen den Kläger ergangenes Fahrverbot auf. Noch kann gegen das Urteil Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden (BayVGH, Urteil vom 17.04.2023, Az. 11 BV 22.1234).

Grundsätzlich kann von der Verhängung eins Fahrverbotes im Einzelfall abgesehen werden, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen oder das Fahrverbot unverhältnismäßig ist. Solches kann unter anderem bei Selbstständigen in Betracht kommen, die für ihre Berufsausübung auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind. Im Fall einer selbstständigen Kieferorthopädin hat das Amtsgericht Zeitz allerdings klargestellt, dass, selbst wenn die Betroffene wegen des Fahrverbots ihre Tätigkeit einen Monat gar nicht ausüben könnte, nicht zu befürchten sei, dass dadurch die wirtschaftliche Existenz vernichtet werde (AG Zeitz, Urteil vom 13.06.2017, Az. 13 OWi 733 Js 210853/16).

Steht wegen eines Verkehrsverstoßes ein Fahrverbot im Raum, kann die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Schulung zwar helfen, dieses abzuwenden. Für sich allein genommen reicht eine solche Schulung jedoch nicht für ein Absehen vom Fahrverbot aus. Das kann nur in Betracht kommen, wenn zusätzlich eine Vielzahl weiterer zu Gunsten des Betroffenen sprechender Gesichtspunkte festgestellt werden können. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg (OLG Bamberg, Beschluss vom 02.01.2018, Az.: 3 Ss OWi 1704/17).