Ein Fahrer kann nicht nur wegen des Ausmaßes der Abstandsunterschreitung wegen vorsätzlicher Nichteinhaltung des Mindestabstands verurteilt werden. Vielmehr muss sich das Gericht auch mit den grundlegenden Merkmalen des Vorsatzes auseinandersetzen. Zudem müssen auch im Bußgeldverfahren die Urteilsgründe so formuliert werden, dass ein Rechtsbeschwerdebericht allein anhand dieser Gründe entscheiden kann, ob das Recht richtig angewandt worden ist. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg (OLG Bamberg, Beschluss vom 19.07.2017; Az.: 3 Ss OWi 836/17).
Das OLG musste sich mit einer Nichteinhaltung des Mindestabstands auf einer Autobahn auseinandersetzen. Das Amtsgericht hatte den betroffenen Fahrer wegen eines Abstands von nur 22 Metern bei einer Geschwindigkeit von 131 km/h zu einer Geldbuße von 360 € verurteilt und attestiert, er habe die Unterschreitung des erforderlichen Abstands billigend in Kauf genommen, also mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Allerdings wies diese Entscheidung eine Reihe von Mängeln auf, sodass sie das OLG aufhob und zur erneuten Verhandlung ans Amtsgericht zurückverwies.
Unter anderem teilte das Urteil des Amtsgerichtes nicht mit, mit welchem konkreten Messverfahren die für die Abstandsbestimmung ermittelten Geschwindigkeitswerte gemessen worden waren. Das OLG stellte insofern klar, dass an Bußgeldverfahren zwar keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind. Gleichwohl müssen dem Gericht zufolge die Urteilsgründe so formuliert sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht erkennen kann, welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung oder dem Absehen von Nebenfolgen zugrunde liegen. So hätte das Amtsgericht nicht darauf verzichten dürfen, das eingesetzte Abstandsmessverfahren ausdrücklich zu benennen. Denn aus den Urteilangaben wie „Videoaufzeichnung“, „Videokamera“, „Videoband“ oder „Videoaufzeichnungsstrecke“ konnte das OLG nicht entnehmen, um welches Messverfahren es sich letztlich handelte.
Darüber hinaus wies das OLG darauf hin, dass eine bedingt vorsätzliche Begehung der Tat nicht allein mit dem Ausmaß der Abstandsunterschreitung begründet werden kann, sondern sich das Gericht auch mit den grundlegenden Elementen des Vorsatzes auseinandersetzen muss. Denn sonst wäre laut OLG in vergleichbaren Fällen immer von bedingtem Vorsatz auszugehen. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Amtsgericht hatte als Beweismittel auf Videosequenzen Bezug genommen, die sich auf einer Daten-CD in der Akte befanden. Das entspricht jedoch nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der in solchen Fällen auf in den Akten befindliche „Abbildungen“ Bezug genommen werden darf, was letztlich nur für unmittelbar durch Gesichts- oder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergaben der Außenwelt zutrifft und nicht für auf einem Datenträger gespeicherte Aufnahmen. Sprich: Der Akte fehlten ausgedruckte Fotos vom Fahrtverlauf.
Christian Demuth, Düsseldorf
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