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OLG Karlsruhe bestätigt Freispruch: Keine absolute Fahruntüchtigkeit für Pedelec-Fahrer unter 1,6 Promille

E-Bikes sind anders als herkömmliche Fahrräder - aber gilt das auch für die anwendbaren Promillegrenzen? Foto: Team Evelo auf Unsplash

Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat entschiedne, dass Pedelec-Fahrer strafrechtlich nicht als Kraftfahrzeugführer gelten – und damit für sie auch andere Alkoholgrenzwerte gelten. Die Staatsanwaltschaft scheiterte mit ihrer Revision (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.10.2020, Az.: 2 Rv 35 Ss 175/20).

Pedelecs gelten nicht als Kraftfahrzeuge – auch im Strafrecht

Das OLG Karlsruhe hat den Freispruch eines Pedelec-Fahrers bestätigt, der mit 1,59 Promille an einem Unfall mit einem anderen Fahrrad beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr angestrebt, war damit jedoch erfolglos.

Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob Pedelecs strafrechtlich als Kraftfahrzeuge einzustufen sind. Das Gericht stellte klar: Auch wenn Pedelecs technisch betrachtet Kraftfahrzeuge sind – sie erreichen bis zu 25 km/h mit Motorunterstützung – sind sie rechtlich nach § 1 Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ausdrücklich aus dem Kraftfahrzeugbegriff ausgenommen. Diese Ausnahme gilt laut OLG aufgrund gleicher Schutzzwecke auch im Strafrecht.

Grenzwert von 1,1 Promille nicht übertragbar

Für Kraftfahrzeugführer gilt im Strafrecht der Grenzwert von 1,1 Promille zur absoluten Fahruntüchtigkeit. Die Staatsanwaltschaft wollte diesen Wert auf Pedelec-Fahrer übertragen. Das OLG widersprach: Der Gesetzgeber habe bewusst festgelegt, dass Pedelecs nicht als Kraftfahrzeuge gelten. Systematisch wäre es widersprüchlich, im Strafrecht einen anderen Begriff anzuwenden als im Straßenverkehrsgesetz. Damit gilt für Pedelec-Fahrer derselbe Grenzwert wie für Fahrradfahrer – 1,6 Promille.

Kein wissenschaftlicher Nachweis für niedrigeren Promillegrenzwert

In seiner Entscheidung betonte das Gericht, dass es Stand 2020 keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse gibt, die Pedelec-Fahrer schon unterhalb von 1,6 Promille als absolut fahruntüchtig einstufen.

Zwar existieren Studien, die auf höhere Anforderungen beim Fahren eines Pedelecs hinweisen – etwa aufgrund des höheren Gewichts oder der Anschubhilfe. Doch daraus lasse sich kein eigener, niedrigerer Grenzwert ableiten. Entscheidend sei, dass es keine gesicherten Daten über die Auswirkungen von Alkoholkonsum speziell auf die Fahrfähigkeit von Pedelec-Fahrern gebe.

Keine Strafbarkeit auch nach § 24a StVG

Neben den strafrechtlichen Vorwürfen prüfte das Gericht auch, ob ein Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze nach § 24a StVG vorlag. Doch diese Norm setzt das Führen eines Kraftfahrzeugs voraus – und dazu zählen Pedelecs ausdrücklich nicht.

Damit stand fest: Eine Verurteilung kam weder wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr noch wegen eines Ordnungswidrigkeitstatbestands in Betracht. Die Revision wurde vollständig verworfen.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

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