Muslimische Glaubensangehörige hat keinen automatischen Anspruch auf Ausnahme vom Verschleierungsverbot

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass eine muslimische Frau aus Neuss keinen automatischen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung vom Verhüllungsverbot am Steuer hat. Die Regelung der Straßenverkehrsordnung, die das Verhüllen des Gesichts beim Führen eines Kraftfahrzeugs verbietet, sei verfassungsgemäß und ziele darauf ab, die Identität von Fahrern bei automatisierten Verkehrskontrollen zu sichern, um sie bei Verkehrsverstößen heranziehen zu können. Zudem schütze die Regelung die Rundumsicht des Kraftfahrzeugführers. Gleichwohl kann eine im Ermessen der zuständigen Behörde stehende Ausnahmegenehmigung in Betracht kommen (OVG NRW, Urteil vom 05.07.2024, Az.: 8 A 3194/21).
Verhältnis von hochrangigen Rechtsgütern zur Religionsfreiheit
Die Frau wollte aus religiösen Gründen auch beim Führen eines Kraftfahrzeugs ihr Gesicht mit einem Gesichtsschleier in Form eines Niqab bedecken, der mit Ausnahme eines Sehschlitzes für die Augenpartie das ganze Gesicht verdeckt. Das OVG stellte klar, dass die angegriffene Regelung dem Schutz hochrangiger Rechtgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer dient. Einen allgemeinen Vorrang der Religionsfreiheit vor diesen Rechtsgütern gebe es nicht. Das Gericht verwies darauf, dass individuellen Belangen mit einer Ausnahmegenehmigung Rechnung getragen werden könne.
Ermessen der Behörde und erneute Entscheidung über Antrag
Vor diesem Hintergrund muss die Bezirksregierung Düsseldorf erneut über den Antrag der Klägerin auf Ausnahmegenehmigung entscheiden. Laut OVG hatte die Behörde das ihr zustehende Ermessen nämlich nicht fehlerfrei ausgeübt. So hielt das von der Bezirksregierung vorgebrachte Argument, das Verhüllungs- und Verdeckungsverbot sichere die nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr, der Überprüfung durch das OVG nicht stand. Diese sei, soweit im Straßenverkehr überhaupt erforderlich, durch den Niqab nicht beeinträchtigt. Auch eine Beeinträchtigung der Rundumsicht konnte das OVG nicht erkennen.
Die Bezirksregierung wird sich nun vor allem mit der Frage beschäftigen müssen, ob es alternative Möglichkeiten gibt, die Ziele des Verhüllungsverbots zu erreichen. So wies das OVG etwa auf die Sicherstellung der Identifizierbarkeit der betroffenen Fahrerin durch ein Fahrtenbuch hin.
Christian Demuth, Düsseldorf
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