Das Tragen einer Vollverschleierung beim Autofahren führt ohne Ausnahmegenehmigung zu einem Bußgeld
Trägt eine gläubige Muslima beim Führen eines Pkw einen Niqab, also eine das Gesicht bis auf die Augenpartie verhüllende Vollverschleierung, kann sie wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs mit verdecktem Gesicht mit einem Bußgeld belegt werden. Die entsprechende Bußgeldnorm beeinträchtigt höchstens mittelbar in der Religionsausübung. Die Religionsfreiheit muss sich der Sicherheit des Straßenverkehrs als einem Gemeinschaftswert von Verfassungsrang unterordnen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klargestellt und dabei auf die ähnlich gelagerte Situation verwiesen, dass Turbanträger verpflichtet sind, bei Fahrten mit einem Motorrad einen Motorradhelm zu tragen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2022, Az.: 2 RBs 73/22).
Niqab beim Fahren getragen
Die Betroffene hatte während einer Fahrt einen Niqab getragen und war vom Amtsgericht wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs mit verdecktem Gesicht zu einer Geldbuße von 66 € verurteilt worden. Zu Recht, wie das OLG entschied. Dabei verwies es auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das im Zusammenhang mit beantragten Ausnahmegenehmigungen bereits klargestellt hatte, dass das Verhüllungsverbot nur das Führen eines Kraftfahrzeugs betrifft und die Religionsausübung damit nur in einer eng begrenzten und für die Religionsfreiheit typischerweise nicht wesentlichen Lebenssituation tangiert.
Im Zweifel auf das Führen eines Kraftfahrzeugs verzichten
Das OLG erläuterte, dass eine Betroffene, die die Vollverschleierungspflicht als verbindlich erachtet, auf das Führen eines Kraftfahrzeuges verzichten muss, so sie nicht über eine Ausnahmegenehmigung verfügt. Dies müsse jedoch hinter den Grundrechten Dritter mit Verfassungsrang zurücktreten, zu denen die Sicherheit des Straßenverkehrs gehöre.
Gewährleistung einer automatisierten Verkehrsüberwachung
Das OLG stellte klar, dass für schuldhaftes Fehlverhalten in Deutschland nicht der Fahrzeughalter verantwortlich gemacht werden kann, sondern nur der Kraftfahrzeugführer. Insoweit sei es zur Gewährleistung einer automatisierten Verkehrsüberwachung (z.B. durch Blitzerfotos) geboten, für den Fahrzeugführer ein Verhüllungsverbot auszusprechen. Das Gericht betonte zugleich die präventive Schutzfunktion, da sich ein Kraftfahrzeugführer, der über Messfotos identifiziert werden könne, eher verkehrsgerecht verhalten werde als ein Verkehrsteilnehmer, der unter Verhüllung des Gesichts unerkannt am Straßenverkehr teilnehme.
Das OLG billigte auch die Erhöhung der Regelgeldbuße von 60 € auf 66 € durch das Amtsgericht, da die betroffene Fahrerin bereits einen Voreintrag ins Fahreignungsregister wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hatte.
Christian Demuth, Düsseldorf
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