Fahrverbot: Regeln fürs Verneinen eines Härtefalls
Droht beim Entzug der Fahrerlaubnis ein Arbeitsplatzverlust, genügt es nicht, wenn das Gericht nicht vom Entzug absieht und diese damit begründet, der Betroffene werden bei der gegebenen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungslage „unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden“. Vielmehr muss das Gericht, wie das Oberlandesgericht Bamberg (OLG) entschieden hat, die Besonderheiten des Einzelfalls prüfen und die konkreten Tatsachen zur Grundlage seiner Entscheidung machen (OLG Bamberg, Beschluss vom 13.08.2018; Az.: 3 Ss OWi 980/18).
Einmonatiges Fahrverbot gegen Getränkeausfahrer
Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Getränkeausfahrer. Gegen diesen war wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung von THC eine Geldbuße von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt worden. Das Amtsgericht hatte zu seinen Gunsten unterstellt, dass er im Falle eines Fahrverbotes seine Tätigkeit verlieren werde, hierin aber keine besondere Härte, die ein Absehen vom Fahrverbot ermöglicht hätte, gesehen. Das Argument des Amtsgerichts war, der Betroffene werde angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage unproblematisch eine vergleichbare Tätigkeit finden. Außerdem hatte das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Betroffenen „durchaus sehr riskant“ und „grob fahrlässig“ gewesen sein.
Das OLG attestierte dem Amtsgericht, sich mit dieser Einschätzung auf den Boden einer bloßen Vermutung begeben zu haben. Es stellte klar, dass sich er Tatrichter damit nicht an die ihm obliegende Beweiswürdigung gehalten hatte. Als Vergleich zog das OLG eine nur auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung heran, die laut Rechtsprechung die Besonderheiten des Einzelfalls nicht in den Blick nimmt und damit keine geeignete Grundlage für die Anordnung oder Fortdauer einer gerichtlichen Maßnahme ist.
Gute Arbeitsmarktlage reicht nicht als Argument für Entzug der Fahrerlaubnis
Das OLG stellte klar, dass aus der abstrakt gesehenen guten Arbeitsmarktlage vor Ort nicht automatisch folgt, dass der Betroffene nach seiner Kündigung eine vergleichbare Stelle finden wird. So verwies das Gericht darauf, dass das Amtsgericht nicht festgestellt hatte, ob der Betroffene bereits eine neue Stelle in Aussicht hatte. Und es habe auch nicht möglicherweise vorhandene Einschränkungen der Vermittelbarkeit auf Plausibilität geprüft. Denn solche erachtete das OLG als durchaus möglich, wenn sich der Arbeitgeber trotzt einer Arbeitsmarktlage, die es ihm erschwert einen neuen Mitarbeiter zu finden, von seinem Mitarbeiter wegen des einmonatigen Fahrverbots trennen will.
Keine Details im Zusammenhang mit Dorgenkonsum geklärt
Darüber hinaus bemängelte das OLG die Wertung des Amtsgerichts, der Betroffene habe sich „grob fahrlässig“ verhalten. Dies werde, so das Gericht, nicht durch die festgestellten Tatsachen getragen. Insbesondere konnte das OLG nicht nachvollziehen, wieso ein THC-Gehalt von 9 mg/l Blut auf eine gesteigerte Pflichtwidrigkeit hindeuten soll, wenn weitere Feststellungen zur Dauer, zum Zeitpunkt, zu den Umständen und zu den Auswirkungen des Substanzkonsums bzw. zu Länge der Wartezeit nach der Substanzaufnahme vom Amtsgericht nicht getroffen worden waren.
Letztlich hob das OLG die Entscheidung des Amtsgerichts auf uns verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurück.
Christian Demuth, Düsseldorf
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