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Strafgerichtliches Urteil bindet Behörde nur im Falle einer explizit geprüften Fahruntauglichkeit

Die Folge einer stark alkoholisierten Fahrt können über mögliche strafrechtliche Konsequenzen hinausreichen. Foto: benjaminnolte - stock.adobe.com

 Grundsätzlich darf die Fahrerlaubnisbehörde von der Nichteignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, wenn diese ein angefordertes Gutachten nicht vorlegt. Dem steht, wie das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz klargestellt hat, auch nicht automatisch entgegen, wenn zuvor ein Strafgericht das Thema Fahreignung erörtert hat. Denn die Behörde ist nur an eine strafrichterliche Eignungsbeurteilung gebunden, wenn diese auf ausdrücklich in den schriftlichen Urteilgründen getroffenen Feststellungen beruht und die Fahrerlaubnisbehörde zudem von demselben und nicht von einem umfassenderen Sachverhalt auszugehen hat (VG Koblenz, Beschluss vom 24.08.2022, Az.: 4 L 746/22.KO).

Entzug der Fahrerlaubnis ohne zusätzliches Ermessen

Die Betroffene hatte versucht, gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis vorzugehen. Konkret ging es um einen Eilantrag, mit dem die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen den Bescheid, mit dem die Fahrerlaubnis entzogen worden war, wieder hergestellt werden sollte. Erfolg hatte sie nicht, denn das Gericht attestierte, dass die Fahrerlaubnisbehörde einer Person, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen hat – und zwar, ohne dass ihr dabei Ermessen zusteht. Da die Betroffene ein von der Behörde angefordertes medizinisch-psychologisches Gutachten nicht vorgelegt hatte, durfte sie die Behörde auch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansehen.

Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr

Die Betroffene war bei einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,83 Promille aufgefallen. Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht waren zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Frau der Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht hatte, wie sie in § 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist. Daraufhin hatte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angefordert, um entstandene Zweifel an der Fahreignung auszuräumen.

Relevant für die Fahrtauglichkeit sind nur schriftliche Urteilsgründe

Dem stand laut VG die vorherige Entscheidung des Landgerichts nicht entgegen. Denn entscheidend sind letzten Endes die im schriftlichen Urteil niedergelegten Punkte. Wie das VG klarstellt, spielen weder Inhalte der Sitzungsniederschriften oder von Aktenvermerken noch die in der mündlichen Verhandlung dargelegte Meinung des Strafgerichts eine Rolle. Und dem schriftlichen Urteil ließen sich keine Ausführungen dahingehend entnehmen, dass vom Landgericht die Frage eigenständig geprüft und bejahrt worden wäre, ob die Antragstellerin trotz der Trunkenheitsfahrt künftig zum Fahren eines Kraftfahrzeugs geeignet ist. Vielmehr hatte das Landgericht die vom Amtsgericht angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis gerade nicht aufgehoben, sondern lediglich festgestellt, dass diese entfalle. Aus Sicht des VG ein Hinweis, dass das Landgericht gerade keine Bewertung dazu vornehmen wollte, ob die nach der Tat bestehenden Eignungszweifel fortbestehen. Und in einem anderen Punkt verwies das VG darauf, dass das Landgericht wegen Zeitablaufs nicht mehr an der Fahrerlaubnisentziehung hatte festhalten wollen – nicht jedoch wegen einer positiven Beurteilung der Fahreignung.

Fahrerlaubnisbehörde hat weitreichenden Prüfauftrag

Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass die Fahrerlaubnisbehörde zudem einen weitergehenden Prüfauftrag hatte. Während es beim strafrechtlichen Verfahren nur um den strafrechtlich relevanten Teil des Verhaltens ging, war es Sache der Fahrerlaubnisbehörde die Fahreignung in dem Umfang zu prüfen, der von der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Fahreignungsverordnung (FeV) vorgegeben wird. So fehlten im Urteil des Landgerichts Ausführungen zur körperlichen und geistigen Verfassung der Betroffenen sowie eine Bewertung ihres Trinkverhaltens seit dem Tattag und infolgedessen auch zu der Frage, ob sie sich zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. Dazu hätte es, so das VG, einer sachverständigen Begutachtung bedurft, die im Strafverfahren jedoch nicht erfolgt sei.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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