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Das verbotene Kraftfahrzeugrennen ist als Straftatbestand mit dem Grundgesetz vereinbar

Neu und handwerklich nicht anzuzweifeln: Der Tatbestand des verbotenen Straßenrennens. Foto: lassedesignen - stock.adobe.com

Der relativ junge Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens in § 315d Absatz 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf Vorlage eines Amtsgerichts entschieden. Die Strafregelung ist dem höchsten deutschen Gericht zufolge hinreichend bestimmt, um eine mögliche Strafbarkeit erkennen zu können. Insbesondere das umstrittene subjektive Tatbestandsmerkmal „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ sei einer methodengerechten Auslegung durch die Fachgerichte zugänglich, so das BVerfG (BVerfG, Beschluss vom 09.02.2022, Az.: 2 BvL 1/20).

Zweifel an der Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals

Das Amtsgericht hatte sich mit einem Strafverfahren befassen müssen, in dem einem Angeschuldigten ein sogenanntes verbotenes Kraftfahrzeugrennen zur Last gelegt worden war. Der Angeklagte hatte während einer drei- bis vierminütigen Fahrt versucht, einer Polizeistreife zu entkommen. Dabei hatte er – teils innerörtlich – Geschwindigkeiten von 80 bis 100 km/h erreicht. Zudem soll er vier Lichtzeichenanlagen missachtet und mit einem anderen Verkehrsteilnehmer kollidiert sein. Bei der Verfolgungsfahrt, so der strafrechtliche Vorwurf, sei es ihm durchgehend darauf angekommen, unter Berücksichtigung der Verkehrslage und der Motorisierung seines Fahrzeugs möglichst schnell zu fahren, um auf diese Weise die ihn verfolgenden Polizeibeamten abzuschütteln. Dem Amtsgericht waren allerdings Zweifel gekommen, ob der Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens bestimmt genug formuliert ist, um hierauf die Verurteilung wegen einer Straftat stützen zu können.

Straftat muss vor der Tatbegehung ausreichend bestimmt sein

Das BVerfG stellte klar, dass eine Straftat nur bestraft werden kann, wenn sie gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat gegangen wurde. Der Wortlaut der Strafnorm muss also so gefasst sein, dass die Normadressaten im Regelfall bereits anhand des Wortlautes der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht. Hinzu kommt dem Gericht zufolge, dass Strafgerichte zwar nicht korrigierend in die Entscheidung des Gesetzgebers über die Strafbarkeit eingreifen dürfen, sie jedoch gehalten sind, weit gefasste Tatbestände innerhalb der Wortlautgrenzen präziser auszulegen. Ferner ist des dem Gesetzgeber nicht verwehrt, ihm zur Klarstellung wichtige Tatbestandsmerkmale, die gegebenenfalls auch ineinander aufgehen und damit im Ergebnis „verschleifen“, in den Gesetzestext aufzunehmen.

"Höchstmögliche Geschwindigkeit": methodengerechte Auslegung möglich

An diesem Maßstab gemessen lässt die Vorschrift dem BVerfG zufolge die erfassten Rechtsgüter – die Sicherheit des Straßenverkehrs, das Leben, die körperliche Integrität und das Eigentum – ebenso deutlich werden wie die besonderen Gefahren, vor denen der Gesetzgeber sie schützen will. Insbesondere der neu eingeführte Begriff der „höchstmöglichen Geschwindigkeit“ kann laut Gericht methodengerecht ausgelegt werden. Zur Auslegung verweist das BVerfG auf die Gesetzesmaterialien, die ausdrücklich auf die Sicht- und Wetterverhältnisse verweisen. Ferner lasse die Formulierung des Absichtsmerkmals eine Auslegung zu, nach der es nicht darauf ankomme, ob sich der Täter allein mit der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, fortbewege oder noch weitergehende Beweggründe verfolge, etwa die Flucht vor der Polizei oder den Wunsch nach öffentlicher Anerkennung durch das spätere Einstellen eines Videos ins Internet.

Randunschärfen können durch Rechtsprechung präzisiert werden

Für mögliche Randunschärfen bei der Abgrenzung zu noch straffreiem, allerdings nicht ganz normkonformem Verhalten verweist das Gericht auf die innerhalb des Wortsinns mögliche Präzisierung der Strafrechtsnorm durch die Rechtsprechung. Zudem beurteilt es den sich aus der Vorschrift ergebenden Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit als verhältnismäßig. Das Interesse, sich unter Verletzung der Straßenverkehrsordnung sowie der Missachtung von Rücksichtnahmepflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern mit höchstmöglicher Geschwindigkeit fortbewegen zu wollen, muss laut BVerfG hinter den Belangen des Gemeinschaftsschutzes zurücktreten.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
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