Skip to main content

Einsichtnahme in die sogenannte Falldatei muss vor der Hauptverhandlung erfolgen

Die Einsichtnahme in eine Falldatei muss gut abgestimmt sein. Foto: schemev - stock.adobe.com

Bei Geschwindigkeitsverstößen erstellen die Messgeräte im Rahmen des standardisierten Verfahrens sogenannte Falldateien. Dies sind digitale Daten, die mit Hilfe einer Auswertungssoftware aufbereitet werden können und so zu einem gerichtlich verwertbaren Beweismittel werden. Sowohl die Messgeräte als auch die Auswertungssoftware bedürfen einer Zulassung durch die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB). Soll der Nachweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung, der auf einer solchen Falldatei beruht, angezweifelt werden, muss die Einsichtnahme in die Falldatei bereits vor der Hauptverhandlung erfolgen. Wird der Antrag zur Beiziehung der Falldatei erst in der Hauptverhandlung gestellt, muss das Gericht diesen nicht mehr beachten, wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main klargestellt hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.08.2016, Az.: 2 Ss-OWi 562/16).

Antrag auf Beiziehung der Falldatei zunächst gescheitet

Im konkreten Fall war ein Fahrer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 45 km/h außerorts zu einer Geldbuße von 320 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden. Er war mit 125 km/h statt erlaubter 80 km/h in die Verschwenkung einer Baustelleneinfahrt eingefahren, die sowohl besonders gesichert als auch mit einem vorangegangenen Geschwindigkeitstrichter ausgestattet war. Der Verteidiger des Mannes hatte den Antrag auf Beiziehung der Falldatei in der ersten Instanz erst in der Hauptverhandlung gestellt und war mit diesem Antrag gescheitert.

Gehör des Gerichts nur bei berechtigten Zweifeln an der Beweislage

Das OLG stellte klar, dass die Verwaltungsbehörde die Herrin der digitalisierten Falldatei ist. Sie hat einem Einsichtsersuchen nachzukommen und muss eine Möglichkeit einräumen, die Falldatei zumindest auf Übereinstimmung mit dem in der Bußgeldakte befindlichen Messbild zu überprüfen. Und erst, wenn sich aus der vom Betroffenen vorzunehmenden Prüfung Anhaltspunkte für Messfehler ergeben, muss sich, so das OLG, das Gericht damit beschäftigen. Da die Messrichtigkeit und Messbeständigkeit im Rahmen des standardisierten Messverfahrens von der PTP und den Eichämtern garantiert seien, müsse der Betroffene Zweifel an der eindeutig gegen ihn sprechenden Beweislage darlegen, um damit vor Gericht Gehör zu finden.

Erst die Einsichtnahme in Falldatei ermöglicht einen fundierten Vortrag vor Gericht

Vor allem machte das OLG deutlich, dass diese Einsichtnahme in die Falldatei seitens des Betroffenen vor der eigentlichen Hauptverhandlung erfolgen muss. Denn nur so können fundierte Zweifel an der Richtigkeit vorgetragen werden. Wird der Antrag auf Beiziehung der Falldatei erst in der Hauptverhandlung gestellt, fehlt es dem OLG zufolge am notwendigen tatsachenfundierten Vortrag und das Gericht kann weiterhin von der Messrichtigkeit und Messbeständigkeit des Gerätes ausgehen.

Dem Anwalt, der die Beiziehung der Falldatei erst in der Hauptverhandlung beantragt hatte, attestierte das OLG ein Versäumnis der Verteidigung, das gegebenenfalls ein Anwaltsverschulden begründen kann.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

Ihr Experte für Fragen zum Verkehrsrecht, Bußgeldrecht und Verkehrs­strafrecht

Rechtsanwalt
Christian Demuth
Fachanwalt für Strafrecht

Lindemannstraße 13
40237 Düsseldorf

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Telefon: 0211 2309890

Telefax: +49 211 2309960