Skip to main content

Kein rücksichtsloses Verhalten beim Fahren auf falscher Spur nach mehrwöchiger Linksfahr-Praxis

Lange links gefahren zu sein, kann sich nach der Rückkehr fatal auswirken. Foto: iStock.com/Bossiema

Ein kurioser Verkehrsunfall nach einem Thailand-Urlaub beschäftigte die Gerichte in der Pfalz: Ein Autofahrer, der sich an den Linksverkehr gewöhnt hatte, fuhr bei seiner ersten Fahrt in Deutschland versehentlich auf der falschen Straßenseite und verursachte einen Frontalzusammenstoß. Die Frage: War das rücksichtslos – oder einfach nur unachtsam? Das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschied, dass es sich in diesem Fall nicht um Rücksichtslosigkeit sondern um Unachtsamkeit handelte (Pf. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.11.2022, Az.: 1 OLG 2 Ss 34/22).

Thailand-Rückkehrer verursacht Frontalcrash

Der Vorfall ereignete sich unmittelbar nach der Rückkehr eines Mannes aus einem siebenwöchigen Urlaub in Thailand, einem Land mit Linksverkehr. Noch am selben Tag setzte sich der Angeklagte in seinen Pkw, um von Winnweiler nach Ramstein zu fahren. Dabei wählte er – offenbar aus Gewohnheit – die linke Spur einer Landstraße. Nach zwei bis drei Minuten Fahrtzeit kam es in einer Kurve zum Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Die Fahrerin des entgegenkommenden Wagens und ihr Beifahrer wurden verletzt. Der Mann hatte sich nach eigenen Angaben weder vor noch während der Fahrt vergegenwärtigt, dass in Deutschland Rechtsverkehr herrscht.

Erste Instanz verurteils wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs

Das Amtsgericht verurteilte den Fahrer wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen. Es verhängte eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete an, dass er für acht Monate keine neue erhalten dürfe. Das Landgericht Kaiserslautern bestätigte die Entscheidung in der Berufungsinstanz.

Doch der Angeklagte legte Revision ein – mit Erfolg. Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken überprüfte den Fall und kam zu einem differenzierten Urteil: Der Mann habe sich zwar der fahrlässigen Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gemacht. Der Vorwurf der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung sei jedoch nicht haltbar.

Keine Rücksichtslosigkeit, sondern Unachtsamkeit

Das entscheidende Argument des OLG: Eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung erfordere rücksichtsloses Verhalten. Ein solches liege nur dann vor, wenn ein Fahrer sich seiner Pflicht bewusst sei, sie aber dennoch missachte – sei es aus Gleichgültigkeit oder aus bewusster Missachtung der Verkehrsregeln. Im vorliegenden Fall habe der Mann jedoch weder mit Absicht noch aus Gleichgültigkeit gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, sondern schlicht aus Unachtsamkeit. Diese sei zwar schwerwiegend, aber eben nicht gleichzusetzen mit Rücksichtslosigkeit im juristischen Sinn. Die Besonderheit des Falls – der vorangegangene Aufenthalt in einem Land mit Linksverkehr – habe hier eine erhebliche Rolle gespielt.

Das OLG änderte das Urteil dahingehend ab, dass der Angeklagte lediglich der fahrlässigen Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist und das Landgericht das Strafmaß erneut festsetzen muss.

Christian Demuth, Düsseldorf
Rechtsanwalt l Fachanwalt für Strafrecht
Verkehrsrecht l Verkehrsstrafrecht l Bußgeldrecht

Ihr Experte für Fragen zum Verkehrsrecht, Bußgeldrecht und Verkehrs­strafrecht

Rechtsanwalt
Christian Demuth
Fachanwalt für Strafrecht

Lindemannstraße 13
40237 Düsseldorf

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Telefon: 0211 2309890

Telefax: +49 211 2309960